Photometrie von Kleinplaneten

von Dr. Helmut Denzau

veröffentlicht im VdS-Journal 1/2001
aktualisiert im Februar 2001


  1. Einleitung
  2. Helligkeiten von Kleinplaneten
  3. Vorbereitung der Messungen
  4. Durchführung der Messungen
  5. Auswertung der Messungen
  6. Weitergabe der Ergebnisse
  7. Empfehlungen

1. Einleitung

Im VdS-Journal Sommer 2000 wurde von der Fachgruppe "Kleine Planeten" die Astrometrie von Kleinplaneten beschrieben. Aufbauend auf diesen Artikel soll auf dieser Seite die Photometrie von Kleinplaneten mit Amateurmitteln erläutert werden. Der Schwerpunkt liegt auf der CCD-Beobachtung, da viele Sternfreunde hier ein vielkanaliges Photometer zur Verfügung haben. Dabei wird vor allem Wert auf eine praxisnahe Darstellung gelegt und an einem Beispiel die Schritte einer Messung bis zur Weitergabe der Ergebnisse dargelegt.

2. Helligkeiten von Kleinplaneten

Kleinplaneten zeigen Helligkeitsänderungen, die vor allem auf Entfernungseffekten, der Rotation bei unregelmäßiger Form und Phaseneffekten beruhen. Die oft unterschiedlichen vier Seiten eines Kleinplaneten ergeben normalerweise eine Rotationslichtkurve mit zwei Minima und zwei Maxima. Die meisten Asteroiden haben Rotationsperioden im Bereich von vier bis zwölf Stunden. Man kann in einer Nacht also schon beträchtliche Teile der Rotation vermessen. Eine Übersicht des faszinierenden Gebietes der Kleinplaneten findet sich in (2).

Da es sehr viele Kleinplaneten gibt, sind Rotationslichtkurven für viele Kleinplaneten erwünscht. Dabei wird die Helligkeit des Kleinplaneten mit der von umgebenden Sternen verglichen. Das geschieht mit einem Photometer (Diode oder Multiplier) indem nacheinander Kleinplanet und Vergleichssterne eingestellt werden. Damit konnten nach eigenen Erfahrungen mit einem 14" Teleskop in guten Nächten Objekte bis zur 11. Größenklasse mit einer Genauigkeit von 1%-2% vermessen werden. Diese Einkanalphotometrie ist gut beschrieben in (3), (7) und (8) .

Bei weniger gutem Himmel wurden die Ergebnisse wesentlich schlechter. CCDs dagegen erlauben als Flächenempfänger das Licht vieler Objekte gleichzeitig zu messen. Sie haben eine wesentlich höhere Empfindlichkeit (die Quantenausbeute liegt häufig über 50 %) und einen Spektralbereich von etwa 400 bis 1000 nm. Die Anforderungen an eine CCD-Kamera für die Photometrie sind in Stichworten: 12, 14 oder besser 16 bit AD-Wandlung, geregelte Kühlung mit Anzeige der Temperatur, kein Antiblooming, für helle Objekte einen Verschluß (4), (5) . Als Processing wird nur Dunkelbild (Bias) und Flatfield korrigiert. Im allgemeinen wird Apertur-Photometrie durchgeführt. Das Fenster kann rund oder rechteckig sein. Dicht zusammen liegende Objekte können mit der Point Spread Function (PSF)-Photometrie vermessen werden. Die verschiedenen Verfahren sind gut in (6) beschrieben.

3. Vorbereitung der Messungen

Das Aufsuchen von Kleinplaneten sowie die empfohlene Auflösung pro Pixel wurde ausführlich in (1) erläutert. Der für die Photometrie wichtige Zusammenhang zwischen den Eigenschaften der verwendeten CCD-Kamera, den verschiedenen Rauschanteilen, der Belichtungszeit und der theoretisch erreichbaren Meßgenauigkeit ist in sehr übersichtlicher Form in (5) zu finden. In vielen Ausgaben der leider eingestellten Zeitschrift "CCD Astronomy" werden sehr praxisnahe Hinweise zur CCD-Photometrie gegeben.

Am eigenen Beispiel soll jetzt meine Art der Photometrie von Kleinplaneten beschrieben werden. Meine Beobachtungsstation (MPC-Code 613) ist mit einem 14" Schmidt-Cassegrain Teleskop von Celestron mit parallelem 4" Refraktor und 6" Maksutov auf einer parallaktischen Gabelmontierung ausgerüstet.

Station 613.

Das Guiding wird meist mit einer SBIG ST-4 CCD Kamera am Refraktor, die Aufnahmen mit einer SBIG ST-6 CCD Kamera bei etwa 2m Brennweite am C14 von Celestron durchgeführt (Feldgröße ca.11'x15'). Mit einem Kreuzschlitten kann dabei für die Nachführkamera ein hellerer Stern "on axis" oder "off axis" eingestellt werden. Das gesamte Zubehör (auch für schnelle Einkanalphotometrie und Videobeobachtung) befindet sich auf einem fahrbaren Rack mit mehreren älteren Laptops. CCD-Bild, Himmelsausschnitt vom Planetariumsprogramm (9) und Bild des Nachführchips sind ständig sichtbar. Die Apparatur ist für Langzeitbeobachtungen eingerichtet, wobei mit einkanaligen Langzeitmessungen bei unserem mitteleuropäischen Himmel traumatische Erfahrungen gemacht wurden. Die gleichzeitige Beobachtung mehrerer Objekte durch CCD Aufnahmen hat hier - trotz meist mäßigen Himmelsbedingungen - neue Möglichkeiten zur Photometrie sternförmiger Objekte bis ca. 17. Größe eröffnet.

4. Durchführung der Messungen

Zur Messung von Kleinplanetenhelligkeiten sind Reihenaufnahmen des Kleinplaneten anzufertigen. Der Verfasser hat (700) Auravictrix im März 1996 in 5 Nächten jeweils über viele Stunden beobachtet und dabei rd. 800 CCD-Aufnahmen angefertigt. Als Beispiel soll hier die Messung vom 8./9. März 1996 dienen. Der Zeitabstand zwischen den Aufnahmen wurde auf 2 min, die Belichtungszeit betrug wegen eines böigen Windes nur 10 s. Es wurde kein Filter verwendet. Das Guiding erfolgte durch die St-4 Nachführkamera am 4" Refraktor, die Aufnahmen mit der auf -40°C gekühlten ST-6 CCD am C14. Die Anlage lief viele Stunden ohne weitere Kontrollen.

(700) Auravictrix.

Die Abbildung zeigt drei überlagerte Aufnahmen (Nr.1,55,95), aus der die Kleinplanetenbewegung in der Aufnahmemitte ersichtlich ist.

5. Auswertung der Messungen

Die Auswertung beginnt mit Durchsicht und einer Flatfieldkorrektur der schon Dunkelbild korrigierten CCD-Bilder. Der Verfasser hat zur Auswertung der vielen CCD-Aufnahmen das Programm Astrometrica Vers. 3.25 (10) benutzt, dessen astrometrische Verwendung ausführlich in (1) beschrieben worden ist.

Mit ihm kann Apertur-Photometrie durchgeführt werden. Hierbei sind allerdings einige Dinge zu beachten, um möglichst homogene Helligkeitswerte zu erhalten. Bei Hauptgürtelkleinplaneten ist die scheinbare Bewegung so gering, daß für eine Nacht im allgemeinen die gleichen Referenzsterne benutzt werden können. Es hat sich gezeigt, daß hierdurch eine wesentlich größere Konsistenz der Ergebnisse erreicht werden kann. Als Referenz wurden die R-Helligkeiten des USNO A2.0 Sternkatalogs verwendet, die meinen ungefilterten CCD-Aufnahmen (max. 675 nm) am nächsten kommen. Somit können näherungsweise R-Magnituden ermittelt werden. Das Ergebnis könnte mit einem R-Filter bei der Aufnahme noch verbessert werden. Im vorliegenden Beispiel blieben nach einigen Vorversuchen mit zeitlich weit auseinander liegenden Aufnahmen 9 Vergleichssterne übrig.

Referenzsterne.

Diese sollten keine Helligkeitsabweichungen zeigen, die wesentlich über 0.25 mag, dem angegebenen mittleren Fehler des USNO A2.0 Sternkatalogs, liegen. Die Fenstergröße (im vorliegenden Fall 9x9 Pixel) sollte das gesamte Sternabbild erfassen. Von beträchtlichem Einfluß auf die ermittelten Photometrieergebnisse ist auch das Setzen des ersten Fensters jeder Auswertung zur Erfassung des Himmelshintergrundes. Hier sollte systematisch vorgegangen und besonders auf schwache Hintergrundsterne geachtet werden.

Jede Aufnahme wird nun mit den gleichen Referenzsternen vermessen, d.h. nur das Menue "Position und Helligkeit vermessen" aufgerufen. Die Ergebnisse werden, wenn keine eindeutigen Fehler vorliegen, z.B. große Helligkeitsänderungen einzelner Vergleichssterne im Astromet.log File gespeichert. Zweifelhafte Messungen des Objektes können gleich wiederholt werden. Bei dieser Handauswertung sollten schlechte Aufnahmen gnadenlos entfernt werden. Es ist nicht nötig die Aufnahmen zeitlich äquidistant auszuwerten. ändert sich die Helligkeit stark, wird enger gemessen, bei flacheren Abschnitten der Kurve etwas weiter.

Nachdem alle Aufnahmen vermessen worden sind, werden log File und Report Files unter anderen Namen gespeichert und dann ausgedruckt.
Von jeder Messung gibt Astrometrica ein Statusfenster aus.

Time: 1996 03 08.90038
                                          (A70005F.055)
                        RA        dRA       DE       dDE 
 # Object            h  m   s       "    °  '   "     "    mag    dmag
-----------------------------------------------------------------------
 1 A 1125.05778524  08 56 33.06  +0.2  +26 37 29.1  -0.0  13.16  +0.16
 2 A 1125.05778147  08 56 27.62  -0.2  +26 38 25.5  +0.0  14.94  +0.34
 3 A 1125.05778390  08 56 31.12  -0.1  +26 33 34.8  -0.0  15.23  -0.17
 4 A 1125.05777906  08 56 24.45  +0.1  +26 30 02.5  -0.1  13.95  -0.05
 6 A 1125.05776900  08 56 11.00  -0.2  +26 31 38.9  +0.4  13.38  -0.32
 7 A 1125.05776261  08 56 02.12  +0.2  +26 36 01.4  -0.5  13.77  -0.23
 8 A 1125.05775841  08 55 55.92  -0.0  +26 36 39.6  +0.3  12.25  +0.15
 9 A 1125.05776817  08 56 09.88  -0.0  +26 38 13.8  +0.1  14.30  +0.30
   Auravictrix      08 56 20.25        +26 34 09.9        13.81

 Mean Residuals: d. = 0.11"     Centroid:  N =   14
                 d% = 0.17"                I = 23.3 A
               dmag = 0.19mag

Nach Kontrolle aller ausgegebenen Helligkeiten (im Beispiel 9 Vergleichssterne, 1 Kleinplanet) werden die für jede Aufnahme gespeicherte Zeit (Aufnahmemitte in Tagesbruchteilen), die dazugehörige Kleinplaneten Helligkeit und die Helligkeiten einiger Vergleichssterne in ein Datenfile eingetragen. Das julianische Datum (8) für die Zeiten sowie die Helligkeitsdifferenzen zwischen Kleinplanet und Vergleichssternen werden berechnet und dann Lichtkurvenplots erstellt.

In der folgenden Abbildung ist für (700) Auravictrix die unter Berücksichtigung aller Vergleichssterne von Astrometrica berechnete Helligkeit in R-Magnitudes gegen die um 2450000 reduzierte Zeit in JD aufgetragen.

Lichtkurve.

Die Lichtkurve zeigt deutlich zwei unterschiedliche 2 Maxima und 2 Minima. Für die weiter unten beschriebene Weitergabe der Ergebnisse verwende ich nur die Helligkeiten aus dieser Lichtkurve.

Die entsprechenden differentiellen Magnituden für drei Vergleichssterne (1,7,8) in der folgenden Abbildung weisen deutliche Unterschiede auf und lassen auf die Qualität der einzelnen Messungen schließen, die z.B. durch längere Belichtungszeit pro Aufnahme noch verbessert werden könnte.

Lichtkurven.

Interessant ist ein Vergleich mit bisher veröffentlichten Lichtkurven von (700) Auravictrix (11).

Bekannte Lichtkurven.

Bekannte Lichtkurven.

6. Weitergabe der Ergebnisse

Die so mühsam gewonnenen Lichtkurven der Kleinplaneten sollten nicht im eigenen Archiv verstauben, sondern der astronomischen "Community" zur Verfügung gestellt werden. Außer Veröffentlichungen in Fachzeitschriften (für ausführliches Material) bietet sich hierfür die Weitergabe auch von einzelnen Lichtkurven für den "Asteroid Photometric Catalogue" (APC) an, der seit vielen Jahren federführend vom Astronomen Claes-Ingvar Lagerkvist (CIL), Uppsala, betreut wird.

  Adresse:
     Claes-Ingvar Lagerkvist
     Astronomiska observatoriet
     Box 515
     751 20 Uppsala
     Sweden
     Fax: +46 18 52 75 83

Der Verfasser hat mit CIL Kontakt aufgenommen und dieser hat sich bereit erklärt die photometrischen Ergebnisse von Asteroiden von uns zu übernehmen. Er möchte die digitalen Daten in einem ASCII-File erhalten, das folgendermaßen aufgebaut sein soll.

UPDATE        : 1
OBSERVING SITE: DENZAU Heisingen Observatory
TELESCOPE     : 0.36-m
DETECTOR      : CCD
UNIT OF TIME  : 1.0 day
ASQUISITION   : Original digital data

OBJECT        : 700 Auravictrix
REFERENCE     : USNO A2.0
Columns       : #R
PHOT. SYSTEM  : No Filter
RELATIVE PHOT : T
REDUCED MAG   : T
LT Corrected  : F
OBSERVING TIME: 2450151.5  (1996 MAR 09.0)
ZERO TIME     : 2400000.0

DATA
50151.32663   13.90
50151.33036   13.83
50151.33172   13.86
50151.33584   13.85
50151.33996   13.83
50151.34272   13.77
50151.34546   13.74
50151.34821   13.75
50151.35233   13.75
50151.35507   13.75
50151.35919   13.76
50151.36193   13.75
50151.36605   13.70

Das Datenfile besteht aus einem Header und dem Datensatz bestehend aus Meßzeit und Magnitudes. Es können reduzierte oder differentielle Magnituden angegeben werden. Bei differentiellen Magnituden ist bei "reduced mag" ein F (false) zu setzen sonst ein T (true). Es ist anzugeben ob eine Lichtzeitkorrektur (8) durchgeführt wurde oder nicht (LT corrected). Bezug der Beobachtungszeit ist das julianische Datum um Mitternacht UT der Beobachtungsnacht, das mit jedem Planetariumsprogramm (z.B. 9) berechnet werden kann. Eine "Zero time" erlaubt eine Reduktion der Datenzeit. Mehrere Messungen eines Kleinplaneten aus dem gleichen Zeitraum können in einem ASCII-File zusammengefügt werden, jede Nacht ist dabei mit einem eigenen Header zu versehen. Die einzelnen Teile einer Lichtkurve sollten nicht zu kurz sein. Der Übersicht wegen bittet CIL den Datensätzen Lichtkurvenplots beizulegen.

7. Empfehlungen

Welche Kleinplaneten bevorzugt photometriert werden sollten, ist aus der Liste der vermessenen Kleinplaneten des ACP4 zu ersehen, die unter "aspect4" bei (12) zu laden ist. Man hat dann eine Auflistung aller Messungen bis 1995/96, die 1996 veröffentlicht worden sind. An einer Neuausgabe 2000 wird gearbeitet. Wenig beobachtete Kleinplaneten sollten bevorzugt werden. CIL ( e-mail:classe@astro.uu.se ) hat angeboten Interessierten gerne ganz aktuelle Ratschläge zu erteilen.

Literatur
(1) Kandler,J., Lehmann,G.: Wie astrometriert man Kleinplaneten?, VdS-Journal, Sommer 2000, 74-79
(2) Binzel, R.P. et. al: Asteroids II, University of Arizona Press, 1989, Tuscon
(3) Genet, R.M.: Solar System Photometry Handbook, Willmann-Bell, 1983, Richmond
(4) Buil, C.: CCD Astronomy, Willmann-Bell, 1991, Richmond
(5) Martinez,P., Klotz,A.: A practical Guide to CCD Astronomy, Cambridge University Press, 1998, Cambridge
(6) Howell, S.B.: Astronomical CCD Observing and Reduction Techniques, Astronomical Society of the Pacific, 1992, San Francisco
(7) Henden,A.A., Kaitschuck, R.H.: Astronomical Photometry, Willmann-Bell, 1990, Richmond
(8) Roth, G.D.: Handbuch für Sternfreunde Bd.1, Springer- Verlag, 1989, Berlin
(9) Gray, B.: Guide/Charon,
http://www.project.pluto.com
(10) Raab, H.: Astrometrica, http://www.astrometrica.at
(11) Lagerkvist, C.I. et. al.: Asteroid Photometric Catalogue, Instituto di Astrofisica Spaziale, 1987, Rom
(12) Lagerkvist, C.I.: APC,http://www.astro.uu.se/~classe/projects/apc_eng.html


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